(oder: Wie überwinde ich mentale Blockaden)

aus dem englischen Original von Amy Goh (https://bendydiaries.wordpress.com/)

Wenn wir ehrlich sind, ist es die meiste Zeit die Angst, die uns zurückhält Dinge zu tun die wir gern würden, und nicht die Unfähigkeit selbst.

Das merkt man besonders in einem Gebiet wie Contortion, in dem man konstant seine eigenen Grenzen in denen man glaubt „Ohje mein Körper schafft das nicht“ herausfordert.

In den meisten Fällen ist die Fähigkeit, sich etwas körperlich vorzustellen nicht nur essentiell , um es durch den Körper auszudrücken! Es ist auch so wichtig, um Posen oder Bewegungen ohne Verletzungen auszuführen.
Meiner Meinung nach solltest du nichts ausführen, dass du dir nicht auch selbst vorstellen kannst.

Nimm zum Beispiel Aerial Silks: Wenn du dir tief drin nicht vorstellen kannst, dass du hinaufklettern wirst, ist die Chance dass du dich in den Tüchern verfängst, Panik aufgrund der Höhe bekommst oder dich verletzt viel höher, weil du dich auf dein bereits negatives Bauchgefühl verlässt. Wahrscheinlich kletterst du ein Stück hinauf und willst dann gleich wieder hinunter.

Wenn du es schaffst, dir Bewegungen in deinem Kopf vorzustellen, bekommt dein Körper intuitiv eine Vorstellung davon, was ca. passieren wird. Und wenn du die Bewegung dann ausführst, ist es keine große Überraschung oder Schock. Es ist vergleichbar mit Klavier spielen oder anderen technischen Skills: Wenn du Vorgänge zuerst theoretisch in deinem Kopf durchgehst, kann es dir helfen, eine gute Verbindung zu deiner physischen Umsetzung zu bekommen.

Visualisierungen helfen gerade in Contortion, eine Art „Inhaltsverzeichnis“, eine Body Map im Kopf zu erstellen, was der Körper nun tun wird.
Es hilft sehr, Panik zu verhindern die vielleicht aufkommt, weil du eine komplett neue Bewegung machst.
Wenn ich mir vorstelle, wie ich in einen Ellbogenstand hineingehe, und dann zu einem Cheststand rolle und in einem Ausfallschritt stoppe, wiederhole ich die einzelnen Bewegungen so oft in meinem Kopf, bis es sich intuitiv und normal für mich anfühlt wenn ich daran denke.

Wenn ich nun wirklich die Bewegungen ausführe, hat mein Körper bereits eine fundierte „Vorstellung“, ein „Gefühl“ was nun passieren wird und verringert auch die Angstausschüttung, die mit neuen herausfordernden Bewegungen kommen würde.
Wenn man die Bewegungen schon theoretisch kennt, kann man sich in der Praxis viel mehr auf sein Körpergefühl verlassen und darauf hören.

Es ist überraschend, wie viel meiner Trainingszeit wirklich mental ist. Ich trainiere Contortion nur 3-5 x die Woche für ca. eine Stunde (je nach Stundenplan). Manchmal kann ich nur eine halbe Stunde pro Tag hineinquetschen, schließlich muss das Training zur normalen Arbeitswoche passen. Manchmal lasse ich einzelne Teile ausfallen (wie zum Beispiel das Beintraining, weil meine Beine einfach weniger Aufwärmen benötigen), oder ich habe gerade so Spaß am Rückentraining, dass ich anderes vergesse. Manchmal wird man auch zu einem Ruhetag gezwungen, wenn der Körper sehr hart und steif ist. Ab und an bringt einen das Stretchen an besonders harten Tagen zu neuen Limits, aber manchmal merkt man auch gleich in den ersten 10 Minuten beim aufwärmen, dass es besser ist, das Training ausfallen zu lassen.

Die Launen meines Körpers lehren mich, dass jeder Tag unterschiedlich ist, und ich kann mich nicht immer darauf verlassen, dass mein Körper macht was ich ihm sage. An leichteren Trainingstagen versuche ich, nicht zu hart zu meinem Körper zu sein aber ich schaue mir zB Videos von anderen Leuten an, die dynamische und kreative Dinge tun und stelle sie mir in meinem Kopf vor. Das klingt ein wenig verrückt, aber wenn ich sehe, wie jemand perfekt vom Stehen in eine Brücke geht und ich stelle mir vor, wie das mein Körper machen würde, werde ich das später live sehr viel besser selbst ausführen. Der Körper ist keine Konstante, Restdays werden das Training langfristig immer verbessern, auch wenn es schwer ist, Ruhe zu geben.

Vor ein paar Tagen, zum Beispiel, hatte ich ein „ungeplantes“ Training, einfach weil ich etwas freie Zeit hatte. Ich überlegte, wie ich mich von einer Brücke in einen Contortion Handstand hochkommen könnte, und hatte kein Gefühl für die Balance. Auf einmal „klickte“ es in meinem Kopf, und ich sah vor mir, wie ich leicht in einen Cheststand gehen konnte. Ich stellte mir das Gefühl vor, vom Cheststand in die Brücke zu gehen – obwohl ich da noch nie den Anfang ausprobiert hatte – ich versuchte es und voila! Ich hatte mein mentales Contortion Hindernis überwunden.

Das ist nur eine von vielen Möglichkeiten, wie unterschiedlich mein Contortion Training sein kann! Ich mag keine strikte Routine, ich mag meinem Körper nicht vorschreiben, wann er was zu tun hat. Ich folge meinem Körper, höre auf mein Gefühl und respektiere ihn, so gut ich nur kann. Wenn ich gerade nicht aktiv trainieren kann weil ich eine Pause brauche, kann ich mich mental üben und mein Training visualisieren.

Wie ist das bei euch? 🙂 Nehmt ihr euch Zeit, euch eure neuen Ziele, Tricks und Moves gut vorzustellen?

Falls nicht, fangt noch heute damit an!

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